Der BurdaVerlag hat gemeinsam mit dem Freiburger KI-Anbieter Black Forest Labs (BFL) ein ambitioniertes Pilotprojekt realisiert, das die Comic-Produktion im deutschsprachigen Raum nachhaltig verändern könnte. Im Zentrum steht das beliebte Kindermagazin „Lissy Pony“, dessen nächste Sonderausgabe am 2. September 2025 erscheint – als erste vollständig KI-unterstützte Comic-Produktion des Hauses. Die eingesetzte Technologie, insbesondere das Bildgeneratorsystem FLUX.1, verspricht nicht nur massive Effizienzgewinne, sondern wirft zugleich kritische Fragen auf.
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50 Prozent schneller – dank FLUX.1
Was einst Wochen dauerte, gelingt nun in der Hälfte der Zeit: Laut einer aktuellen Fallstudie von Burda und BFL konnte die Produktionsdauer der „Lissy Pony“-Comics dank des Einsatzes von FLUX.1-Modellen um 50 Prozent reduziert werden. Die Verantwortlichen sprechen von einer „reproduzierbaren Produktionspipeline“, die sowohl zeit- als auch kosteneffizient ist. Für künftige Projekte erwartet Burdas COO Rebecca Gottwald sogar Effizienzsteigerungen von bis zu 70 Prozent.
Im Mittelpunkt des neuen Workflows stehen mehrere spezialisierte KI-Tools aus dem FLUX.1-Portfolio:
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FLUX.1 Kontext: erlaubt feingranulare Änderungen an Posen oder Blickrichtungen von Figuren, ohne ganze Szenen neu zu generieren.
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FLUX.1 Fill: ergänzt fehlende Bildbereiche und optimiert Kompositionen.
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FLUX.1 Depth: ermöglicht eine 3D-gestützte Szenengestaltung für konsistente Perspektiven.
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BFL Finetuning API: sorgt für charaktergenaue Darstellung der Hauptfiguren durch individuelle Feinanpassung.
Die KI-basierte Bearbeitung bringt dabei nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch eine nie dagewesene Konstanz im Stil und in der Figurenzeichnung – ein zentraler Anspruch bei Marken wie „Lissy Pony“, die auf visuelle Wiedererkennbarkeit angewiesen sind.
Pony, Posen, Perspektiven – was sich ändert bei “Lissy Pony”
„Lissy Pony“ erscheint bei Burdas Tochterverlag Blue Ocean Entertainment und richtet sich an Mädchen zwischen fünf und neun Jahren. Im Mittelpunkt stehen das Einhorn Tamani und ihre bunten Ponyfreundinnen – stets auf neuen Abenteuern, stets rosa-glitzernd inszeniert. Was sich für die Leserinnen kaum verändert, ist das vertraute Look-and-Feel. Hinter den Kulissen jedoch hat ein Strukturwandel stattgefunden, der sich langfristig auch auf andere Marken des Hauses ausweiten könnte.
Denn das Ziel sei es, so Burda, die neue Methode so zu vereinfachen, dass auch weniger technikaffine Kolleginnen und Kollegen sie anwenden können. Das verspricht nicht nur eine Demokratisierung kreativer Arbeitsprozesse, sondern auch neue kreative Spielräume – etwa durch die einfache Erprobung mehrerer Varianten in späten Produktionsphasen.
Innovation mit Schattenseiten: Urheberrecht und Ethik
Trotz aller Euphorie steht die Partnerschaft mit Black Forest Labs auch unter kritischer Beobachtung. Der verwendete Bildgenerator FLUX.1 agiert laut Branchenbeobachtern weniger restriktiv als andere KI-Systeme, wenn es um Urheberrechte, Markennamen, Logos oder sensible Inhalte wie Sexualität und Gewalt geht. Zwar erzielt das System dadurch zum Teil beeindruckende Resultate, doch wirft der Mangel an sogenannten „Guardrails“ auch ethische und rechtliche Fragen auf – gerade im sensiblen Bereich von Kindermedien.
Burda betont jedoch, dass das eigene Projekt „auf sicherem Boden“ stehe und man eng mit BFL an einer verantwortungsvollen Nutzung arbeite. Auch hier soll die eigens entwickelte Pipeline helfen, problematische Inhalte frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.
Ein Blick in die Zukunft des Comic-Machens
Mit „Lissy Pony“ hat Burda nicht nur einen prestigeträchtigen Prototypen geschaffen, sondern einen möglichen Paradigmenwechsel in der Comic-Produktion eingeläutet. Die Kombination aus kreativer Kontrolle und technischer Effizienz bietet ein Modell, das sich laut Burda auf zahlreiche weitere Titel übertragen lässt. Auch internationale Märkte dürften genau beobachten, wie sich dieser Ansatz entwickelt.
COO Rebecca Gottwald bringt es auf den Punkt:
„KI-gestützte Workflows werden die Art, wie wir Comics produzieren, grundlegend verändern. Nicht nur durch die Geschwindigkeit – sondern durch die neuen kreativen Freiheiten, die sie uns ermöglichen.“
Fazit: Fortschritt mit Fingerspitzengefühl
Die KI-Offensive bei „Lissy Pony“ ist ein wegweisender Schritt für den BurdaVerlag – mit hohem Innovationspotenzial, aber auch einer klaren Verantwortung. Wie sich der Einsatz von FLUX.1 auf die Branche, die Rolle klassischer Zeichner und die Qualität der Inhalte langfristig auswirkt, bleibt abzuwarten. Sicher ist jedoch: Die rosa Ponys aus Offenburg sind auf direktem Weg in die Zukunft der Medienproduktion.