Längere Sendezeit, Mädchen mit Kurven und Cosmopolitan raus, dafür Harper‘s Bazaar rein – die neue Staffel von Germany’s next Topmodel startete nicht ohne diverse Änderungen. Bereits zum 13. Mal sucht Übermodel Heidi Klum wieder Deutschlands talentiertestes Laufsteg-Mädchen. Der Siegerin winkt ein Auto, Startkapital sowie ein Vertrag in Papa Klums Modelagentur ONEins fab. In den letzten Jahren wurde die aktuelle Siegerin auch immer auf dem Titelbild der Modezeitschrift Cosmopolitan abgebildet. Das ist in diesem Jahr anders, denn das prestigeträchtige und High Fashion-Magazin Harper‘s Bazaar hat den Staffelstab übernommen. Die Siegerin wird in der Doppelausgabe Juni/Juli abgelichtet sein.
„Traditionsreiche Weltmarke passt perfekt“
Hört man sich in der Modeszene um, werden alle etwas mit dem Namen Harper‘s Bazaar anfangen können, doch sehr wahrscheinlich können das längst nicht alle GNTM-Zuschauer. Das war mit Cosmopolitan damals sicher nicht anders. Zur Beendigung des Vertragsverhältnisses von ProSieben und der Bauer Media Group gab es nie mehr als ein knappes Statement. Die Zusammenarbeit wurde aufgrund von „konzeptionellen Änderungen auf beiden Seiten“ gekappt. Neuer Medienpartner ist nun Hubert Burda Media. Also jener Verlag, der auch die InStyle, BUNTE oder ELLE herausbringt.
Von deren Seite meldete sich Elfi Langefeld, Managing Director BurdaStyle Luxury zu Wort: „Harper’s Bazaar ist das älteste Fashion-Magazin der Welt und zeichnet sich seit jeher durch seine besonderen Cover aus. Sie verkörpern, wie auch die Marke, eine unique, facettenreiche, mutige und stilsichere Haltung. Wir freuen uns, diesen Anspruch zukünftig mit den Kandidatinnen von Germany’s next Topmodel umzusetzen, und die Gewinnerin in einer besonderen Inszenierung auf dem Cover zu zeigen“. Da darf man abwarten, was damit gemeint ist, denn in den letzten Jahren war es immer so, dass jene, die sich beim Covershooting nicht sonderlich gut angestellt haben, auch keine Titelheldin bzw. Siegerin wurden. Christoph Köster, Kommunikationschef von ProSieben, ist sich sicher: „Die traditionsreiche Weltmarke passt perfekt zu GNTM. Sie übt sicher auf alle Topmodel-Aspirantinnen einen großen Reiz aus.“
Das ist die Harper’s Bazaar
Ein Blick in die Mediadaten des Magazins verrät, oh Wunder, dass 87 Prozent der Leserinnen weiblich und nahezu 80 Prozent zwischen 18 und 49 Jahre alt sind. Bekannt ist das Modemagazin vor allem in den USA. In der amerikanischen Metropole New York erschien sie am 2. November 1867 das erste Mal und seitdem schmückten die größten Topmodels rund um den Globus das Titelbild. Interessant: Fletcher Harper, Gründer des Magazins, ließ sich damals von der Berliner Zeitschrift Bazar inspirieren. Eine Damenzeitschrift, die sich Kunst und Lifestyle-Themen widmete und Wert auf Mode legte. Dabei ging der Blick stets in die Mode-Metropolen Paris, Wien und London. Das nahm sich Fletcher Harper zum Vorbild. Einzigartig macht das Magazin die Mischung aus Ironie und Eleganz sowie, dass Künstler, Fotografen und Models sich zu Themen mit unterschiedlichen Meinungen äußern.
Die Ikone des Blattes war Diana Vreeland, von 1939 bis 1962 Redakteurin und hob die Rubrik „Why don’t you…“, zu deutsch „Warum machst Du nicht…“, aus der Taufe. Nur ein Beispiel ist der Text zu der Frage „Warum waschen Sie die Haare Ihres Kindes nicht mit Champagner?“ Die spitze Zunge Vreelands sucht bis heute ihresgleichen. Dennoch ist sie ein fester Bestandteil des Magazins, das heute in mehr als 30 Ländern verlegt wird. Doch dauerte es 146 Jahre, ehe sich in Deutschland ein Verlag traute, die deutsche Version zu verlegen. 2013 ging das erste deutschsprachige Magazin über den Tisch, zuvor gab es schon Lizenzausgaben, das wurde aber 1992 eingestellt.
Germany’s next Topmodel + Harper’s Bazaar– passt das?
Beim Durchblättern der Zeitschrift fragt man sich im ersten Moment: Was hat Harper’s Bazaar von der Kooperation mit Germany’s Next Topmodel? Die Antwort lautet: PR. Denn Heidi Klum wurde in den vergangenen Staffeln nie müde zu betonen, dass es „nur eine auf das Cover der deutschen Cosmopolitan schaffen kann“. Das wird mit der Harper’s Bazaar jetzt nicht anders sein. Und natürlich werden sich alle GNTM-Liebhaber schon eine Ausgabe zugelegt haben, um zu wissen, mit wem sie es denn überhaupt zu tun haben. Vielleicht bleibt die ein oder andere sogar als Abonnentin hängen. Dann flattern zehn Ausgaben im Jahr zu je etwas mehr als fünf Euro in den Briefkasten. Zehn Ausgaben, weil die Juni-/Juli-Ausgabe und die November-/Dezember-Ausgabe jeweils eine Doppelausgabe sind.
Für GNTM ist die Kooperation ein Gewinn. Schon alleine, dass die Harper’s Bazaar mit der Vogue, das Ansehen als Modebibel genießt, ist Prestige genug. Nichts gegen die Cosmopolitan, aber frischer Wind tut immer gut. Denn die beiden Magazine unterscheiden sich schon sehr. Grell und schrill springt einem das Titelblatt der Cosmopolitan entgegegen. Neben dem Rolemodel steht vor allem sehr, sehr viel Text. Nahezu billig wirkt die Cosmo, wenn man sie im Vergleich zur Harper’s Bazaar sieht. Dort ist das Motto offensichtlich: weniger ist mehr. Wenig Text, dafür ein aussagekräftiges Titelbild. Aber eben auch nicht mit Sängerin PINK drauf, stattdessen ziert Topmodel Stella Maxwell das Cover.
Zielgruppe verfehlt?
Neben dem Marketing-Aspekt bleibt langfristig die Frage, ob die GNTM-Zuschauer lieber die Cosmopolitan lesen möchten, die ihres Zeichens für „FUN.FEARLESS.FEMALE“ steht oder ob sie auf den High Fashion-Zug aufspringen und tatsächlich Harper’s Bazaar-Leser/innen werden. Der Mensch ist ja ein Gewohnheitstier und gerade die Deutschen neigen dazu, über Änderungen erstmal zu meckern. Die ersten Reaktionen reichten in diversen GNTM-Anhänger-Foren von „kennt jemand die Zeitschrift?“ über „schade, ich hatte die Cosmo sowieso schon im Abo“ bis hin zu „ein absoluter Gewinn für GNTM. Endlich mal ein richtiges Modemagazin.“
Bislang scheint es, als würde die Sendung mit steigenden Zuschauerzahlen belohnt werden. Nicht zuletzt wird das auch an den erstmals kurvigen Models liegen. Modelmama Heidi Klum sagte dazu: „Wir gehen den Trend, den die Fashion-Industrie uns vorsetzt, mit. Vorher gab es dafür keine Nachfrage. Man hat nie ein Model mit Kurven auf dem Titel der Vogue gesehen wie erst kürzlich Ashley Graham.“ Das könnte sich in ein paar Monaten vielleicht auch in der deutschsprachigen Version der Harper’s Bazaar ändern, wenn es denn eine kurvige Siegerin gibt. Aber eines steht fest: „Nur eine kann Germany’s Next Topmodel werden. Nur eine kommt auf das Cover von Harper’s Bazaar.“ Oder wagt man sich auch da auf Neuland und kürt zwei Mädchen? Abwarten!